Der große Reizdarm Test: Leide ich unter dem Reizdarmsyndrom?
Für viele Menschen sind Bauchschmerzen und Blähungen ein alltäglicher Begleiter. Einige von ihnen leiden unter Unverträglichkeiten ohne es zu wissen und andere klagen vor allem in Stresssituationen über Bauchweh. Betroffene plagen sich oft jahrelang mit den Symptomen und Beschwerden herum, bis sie schließlich eine Diagnose erhalten: Reizdarmsyndrom. Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Sie herausfinden, ob Sie unter einem Reizdarm leiden und was Sie dagegen tun können.
Inhaltsverzeichnis
Was versteht man unter dem Begriff Reizdarm?
Der Begriff Reizdarm bzw. Reizdarmsyndrom beschreibt eine Funktionsstörung des Darms, die mit dem vegetativen Nervensystem zusammenhängt. Hierbei beeinflusst das zentrale Nervensystem das vegetative Nervensystem und das Darmnervensystem bzw. die Darmmuskulatur und führt dazu, dass der Darm mitsamt seinen Funktionen aus dem Gleichgewicht gerät. Aus diesem Grund wird der Reizdarm auch als Störung der Darm-Hirn-Achse bezeichnet. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer und Schätzungen zufolge leiden ca. 10-25 Prozent der westlichen Bevölkerung darunter.
Das Reizdarmsyndrom hat meist einen chronischen Verlauf, kann sich aber auch spontan zurückbilden.
Die Diagnose Reizdarm ist für die meisten Betroffenen eine Erleichterung. Oftmals leiden sie bereits seit langer Zeit unter starken Beschwerden, die den Alltag enorm beeinträchtigen. Mit der Diagnose Reizdarm können Betroffene nun gezieltere Maßnahmen ergreifen, um die Symptome zu lindern und vor allem vorzubeugen.
Welche Ursachen werden hinter einem Reizdarm vermutet?
Die genauen Ursachen für die Entstehung eines Reizdarm sind noch immer nicht bekannt, was die Behandlung zumeist erschwert. Viele erachten das Reizdarmsyndrom fälschlicherweise als psychische bzw. psychosomatische Erkrankung, da die Beschwerden oft im Zusammenhang mit psychischen Stress auftreten. In Wahrheit steckt jedoch eine körperliche Fehlfunktion dahinter, die verschiedene Gründe haben kann.
● Genetik: Wie bei vielen anderen Erkrankungen auch spielen genetische Faktoren vermutlich eine Rolle beim Reizdarm. Liegt eine erbliche Veranlagung vor, ist die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines RDS höher.
● Störung der Darmbewegung: Ein gesunder Darm zeichnet sich durch eine aktive Darmperistaltik aus. Die natürliche Darmbewegung befördert die verdaute Nahrung durch den Darm, währenddessen Nährstoffe und Wasser entzogen werden. Beim RDS ist die Peristaltik gestört, da das Darmnervensystem falsche Signale vom zentralen Nervensystem erhält. Dadurch wird der Nahrungsbrei entweder zu schnell oder zu langsam transportiert, was zu Durchfall oder Verstopfung sowie krampfartigen Schmerzen führen kann.
● Ungleichgewicht der Darmflora: Eine gesunde Darmflora ist für ein funktionierendes Verdauungssystem unverzichtbar. Reizdarm-Patienten weisen oft eine gestörte Darmflora auf und die Bakterienzusammensetzung unterscheidet sich von der eines gesunden Darms. Das kann durch eine ungesunde Ernährung und die Einnahme von Antibiotika verstärkt werden. Dieses Ungleichgewicht kann zu Gasbildung, Schmerzen und entzündlichen Prozessen führen, die das RDS begünstigen.
● Immunaktivität im Darm: Es gibt Hinweise darauf, dass Menschen mit einem Reizdarm eine erhöhte Immunaktivität im Darm aufweisen. Das bedeutet, dass sich in der Darmschleimhaut überdurchschnittlich viele Abwehrzellen und Botenstoffe befinden, die Entzündungsprozesse im Darm fördern und so zu Beschwerden wie Durchfall, Verstopfungen und Blähungen führen.
● Psychologische Faktoren: Wissenschaftler gehen davon aus, dass das RDS im Zusammenhang mit sozialen und psychologischen Einflüssen steht. Diese beeinflussen die Entwicklung des Nervensystem und können auch zu negativen Veränderungen führen. Das wird auch als biopsychosoziales Krankheitsmodell bezeichnet, mit dem auch weitere Erkrankungen ohne eindeutiges Krankheitsbild erklärt werden.
● Gestörtes Schmerzempfinden: Jeder Mensch nimmt Schmerz anders wahr und somit ist das Schmerzempfinden individuell. Es gibt Hinweise darauf, dass das Schmerzempfinden bei Reizdarm-Patienten gestört sein könnte. Der Anteil an Botenstoffen in ihrem Darm ist erhöht, was dazu führt, dass sie bereits die normale Darmbewegung als schmerzhaft empfinden. Auch ein gestörter Serotoninhaushalt trägt zu einem stärkeren Schmerzempfinden bei.
● Stress: Das Reizdarmsyndrom steht in engem Zusammenhang mit dem vegetativen Nervensystem. Dieses wiederum wird von Stress beeinflusst. genauer gesagt aktiviert Stress den Sympathikus und setzt damit verschiedene Körperprozesse in Gang, die zu einer körperlichen und psychischen Stressreaktion führen. Unter anderem wirkt sich Stress auch negativ auf das Verdauungssystem aus, insbesondere dann, wenn es sich um eine anhaltende Stressbelastung handelt. Dadurch werden entzündliche Prozesse gefördert und auch die Darmflora kann verändert werden.
Was sind die typischen Symptome eines Reizdarms?
Als eine der häufigsten Darmerkrankungen geht ein Reizdarm insbesondere mit Veränderungen des Stuhls einher. Hinzu kommen weitere unangenehme Begleiterscheinungen im Magen-Darm-Trakt, die die Lebensqualität beeinträchtigen.
Die Symptomatik des Reizdarms wird in vier unterschiedliche Kategorien bzw. in vier unterschiedliche Reizdarm-Typen unterteilt. Jede Kategorie hat charakteristische Symptome, es treten aber auch Mischtypen auf. Folgende Reizdarm-Typen gibt es:
● IBS-C: Verstopfungstyp, der überwiegend mit Verstopfung bzw. hartem Stuhl einhergeht
● IBS-D: Durchfalltyp, der vorwiegend mit Durchfall bzw. weichem oder flüssigem Stuhl einhergeht
● IBS-M: Wechseltyp, der mit einem Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung einhergeht
● IBS-U: Mischtyp, der mit unterschiedlichsten Beschwerden einhergeht und keiner anderen Kategorie zugeordnet werden kann.
Abgesehen von Veränderungen des Stuhls zeichnet sich das Reizdarmsyndrom durch weitere Beschwerden aus. Sie treten infolge der Störung der Darmfunktion auf. Dazu gehören:
● Völlegefühle, Magenschmerzen, Übelkeit
● Blähungen und deutlich sichtbarer Blähbauch
● Schleim im Stuhl
● keine vollständige Entleerung beim Stuhlgang
● Schmerzen vor und während dem Stuhlgang (stechend, dumpf und/oder krampfartig)
Beschwerden wie Fieber, Gewichtsverlust, nächtlicher Durchfall oder Blut im Stuhl sind KEINE klassischen Symptome eines Reizdarms und sollten bei Auftreten unbedingt untersucht werden.
Wie wird ein Reizdarm diagnostiziert?
Bis das Reizdarmsyndrom diagnostiziert wird, ist es oft ein langer und beschwerlicher Weg. Beim Reizdarm gibt es keine eindeutigen und charakteristischen Befunde, die nur einen Reizdarm in Frage kommen lassen. Aus diesem Grund wird die Krankheit über die Ausschlussmethode festgestellt.
Wer das Reizdarmsyndrom bei sich vermutet, sollte einen Spezialisten auf diesem Gebiet aufsuchen und keinen Allgemeinmediziner. In diesem Fall wäre das ein Gastroenterologe. Dieser führt eine umfangreiche Anamnese und Befragung durch, um andere Ursachen für die Darmbeschwerden auszuschließen. So kann es nämlich sein, dann die Probleme im Zusammenhang mit einer unentdeckten Nahrungsmittelunverträglichkeit, Infektionserkrankungen oder anderen Krankheiten wie z.B. Erkrankungen der Gebärmutter oder Morbus Crohn einhergehen. Im Anschluss werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehören:
● körperliche Untersuchungen wie Abhören, Abklopfen, Abtasten von Bauch und Rektum
● Untersuchung von Blut-, Urin- und Stuhlproben im Labor
● Ultraschall
● Magen- und Darmspiegelung mit Gewebeentnahme
● gynäkologische Untersuchung
● Test auf Unverträglichkeiten und Allergien (Fructose, Lactose, Sorbit, Gluten usw.)
● Symptomtagebuch bzw. Stuhltagebuch
Bei einem Reizdarm sind die Laborwerte grundsätzlich unauffällig. Das gilt auch für den Bauch-Ultraschall. Eine Biopsie kann Veränderungen in der Darm- bzw. Magenschleimhaut aufweisen, die jedoch auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen auftreten. Liegt ein Reizdarm vor, stellt der Arzt beim Abhören bzw. Abtasten oftmals eine verstärkte Darmbewegung sowie vermehrte Gasbildung fest. Werden Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien ebenfalls ausgeschlossen, deutet das auf das Reizdarmsyndrom hin.
Reizdarm Test: Leide ich unter dem Reizdarmsyndrom?
Unglücklicherweise mussten zahlreiche Reizdarmpatienten die Erfahrung machen, dass ihre Symptome lange nicht ernstgenommen oder verharmlost werden. Daher besteht bei vielen Betroffenen Unsicherheit darüber, ob sie den Gang zum Arzt antreten sollten oder nicht. Mit Hilfe des folgenden Reizdarm Tests können Sie herausfinden, ob ihre Beschwerden zum Reizdarmsyndrom passen und ob Sie mit dieser Vermutung einen Arzt aufsuchen sollten.
▶ Haben Sie in den letzten 4 Wochen unter wiederkehrenden Bauchschmerzen gelitten? (2-3 Mal pro Woche)
▶ Haben Sie in den letzten 4 Wochen unter wiederkehrenden Blähungen und unter einem deutlich sichtbaren Blähbauch gelitten? (2-3 Mal pro Woche)
▶ Haben Sie in den letzten 4 Wochen unter wiederkehrendem Durchfall gelitten? (2-3 Mal pro Woche)
▶ Haben Sie in den letzten 4 Wochen unter wiederkehrenden Verstopfungen gelitten? (2-3 Mal pro Woche)
▶ Haben Sie in den letzten 4 Wochen wiederkehrende Veränderungen in ihrem Stuhl bemerkt (weicher/ flüssiger/ harter Stuhlgang)?
▶ Müssen Sie seit Beginn der Verdauungsbeschwerden öfter auf Toilette als früher?
▶ Haben Sie in den letzten 4 Wochen öfter das Gefühl gehabt, den Stuhlgang nicht mehr halten zu können?
▶ Haben Sie in den letzten 4 Wochen öfter den Eindruck gehabt, dass der Darm nach dem Toilettengang nicht vollständig entleert war?
▶ Traten die oben genannten Beschwerden in Verbindung mit krampfartigen oder stechenden Magenschmerzen oder Darmschmerzen auf?
▶ Verschlimmerten sich die oben genannten Symptome in Stresssituationen?
▶ Verbesserten sich die oben genannten Beschwerden nach dem Stuhlgang?
▶ Liegen in der Familie Hinweise auf einen Reizdarm oder andere chronische Darmerkrankungen vor?
▶ Beeinträchtigen die Beschwerden die Lebensqualität maßgeblich und verursachen Einschränkungen im Alltag?
▶ Können Unverträglichkeiten, Allergien und andere Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes ausgeschlossen werden?
Sollten die meisten Fragen mit “Ja” beantwortet worden sein, liegt möglicherweise das Reizdarmsyndrom vor.
Der Selbsttest ersetzt jedoch keine professionelle Diagnose eines Mediziners.
Fazit
Die Diagnose Reizdarm ist für Betroffene Segen und Fluch zugleich. Einerseits kann den Schmerzen und Beschwerden nun ein Krankheitsbild zugeordnet werden, dass sich gezielter behandeln lässt. Andererseits ist ein Reizdarm nicht heilbar und schränkt das alltägliche Leben vieler Patienten trotz Gegenmaßnahmen stark ein. Oftmals bleibt nichts anderes übrig, als den bestmöglichen Umgang damit zu erlernen und auf den eigenen Körper zu hören.
Quellen:
https://www.researchgate.net/publication/321512274_Design_and_validation_of_a_German_version_of_the_GSRS-IBS_-_an_analysis_of_its_psychometric_quality_and_factorial_structure/fulltext/5a2630fda6fdcc8e866bb880/Design-and-validation-of-a-German-version-of-the-GSRS-IBS-an-analysis-of-its-psychometric-quality-and-factorial-structure.pdf. Abgerufen am 07.04.2022
Ernst Trebin: Reizdarm. 2020.
Angelika Bischoff: Reizdarm: Alles Psyche? Von wegen!. 2018.
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